Die Niederlande werden oftmals gelobt für die positive Fahrradkultur. Tolle Infrastruktur, jede:r fährt Rad bei jedem Wetter, ein Vorbild für die Verkehrswende. Nun ja, in vielen Ecken des Landes sind die Niederlande sicherlich eine Blaupause für mehr Fahrradverkehr, aber auf keinen Fall innerhalb Amsterdams.
Entlang der Grachten gibt es nur superschmale Fußgängerwege, die gern für mehr Tische vor dem Café genutzt werden, für Bauschuttcontainer oder als Parkplatz für Lieferwagen oder Fahrräder. Also treffen sich alle Verkehrsteilnehmer:innen irgendwie auf der Straße. Fußgänger:innen sind in der Hackordnung unten und Fahrradfahrer:innen oben. Ich kann verstehen, dass Tourist:innen nerven und man als Einheimische:r über die Jahre etwas energisch wird. Aber das rechtfertigt dennoch nicht, mit welcher Selbstverständlichkeit sich Zweiradnutzer:innen alle Rechte rausnehmen. Rote Ampel und Leute laufen schon? Egal. Großes Verbotsschild und bauliche Schikanen, die allen mit Rädern das Leben schwer machen? Tja, schade für Kinderwagen und Rollstühle, aber auf dem Fahrrad passt man irgendwie dennoch durch. Einbahnstraße, die definitiv zu eng ist, wenn einem ein Auto entgegenkommt? Soll das Auto doch in die Gracht fallen. Wer bremst, verliert. Wer Rücksicht nimmt, sowieso.
In diesem Sinne: Total gern mehr Fahrradverkehr. Aber bitte nicht auf Kosten der Fußgänger:innen.
Übrigens: bis zu 15.000 Fahrräder landen jedes Jahr in den Grachten und werden wieder ausgefischt (zum Vergleich: Es sind „nur“ 52 Autos mit dem gleichen Schicksal). Einen sehr trockenen Stellplatz, unter einem riesigen Hafenbecken, gibt es direkt am Hauptbahnhof. 7000 Räder haben hier Platz.
